Nicht-suizidale Selbstverletzungen (NSSV)

Unter Nicht-suizidalen Selbstverletzungen (NSSV) werden direktive, wiederholende, sozial nicht akzeptierte Verletzungen von Körpergewebe ohne suizidale Intention verstanden. Dazu gehören die Verletzungen des eigenen Körpers u.a. durch Schneiden, Kratzen, Schlagen oder Verbrennen. NSSV ist mittlerweile im Jugendalter weit verbreitet. Ca. 25-35 % der Jugendlichen haben sich schon einmal selbstverletzt. Wiederholende Selbstverletzung wird auf ca. 4 % geschätzt. Der Beginn von NSSV liegt bei ca. 12 Jahren, die häufigste Selbstverletzung kommt im Alter zwischen 15 und 16 Jahren vor (In-Albon 2020). Aktuelle Studien zeigen Zusammenhänge zwischen dem Kontakt zu Gleichaltrigen oder Medien mit dem Thema Selbstverletzung und dem Beginn sowie der Aufrechterhaltung von NSSV (Kraus & In-Albon 2020).

Vorkommen

NSSV kommt häufig komorbid zu weiteren Störungen vor: u.a. depressive Störungen, Angststörungen, Essstörungen oder Belastungsstörungen, kann aber auch ohne eine weitere psychische Störung auftreten. NSSV kann ebenfalls ein Hinweis auf suizidales Verhalten sein. NSSV folgt häufig auf Interaktionen oder Konflikte, die bei den Betroffenen negative Gedanken und Gefühle auslösen. Oft lassen sich interpersonelle Probleme als einen Auslöser für den Beginn des NSSV finden. Durch den emotionalen Nutzen wird die Problematik aufrechterhalten: NSSV ist für die Betroffenen ein kurzfristig äußerts effizientes und schnell umsetzbares Mittel, um eigene Emotionen zu regulieren und dient somit als Affektregulation. Ebenfalls kann es als Mittel dienen, um Einfluss auf das direkte soziale Umfeld zu nehmen. (In-Albon 2020; Kraus & In-Albon 2020).

Beginn und Aufrechterhaltung

Der Beginn und die Aufrechterhaltung von NSSV ist als komplexes Modell unterschiedlicher Risiko- und Vulnerabilitätsfaktoren zu verstehen. Als Risikofaktoren werden verschiedene Faktoren differenziert. Zu biologische Risikofaktoren zählen u.a. eine genetische Prädisposition, reduzierbares Schmerzempfinden während NSSV oder ein veränderter Cortisol-Spiegel bei Stressempfinden. Zu den psychologischen Faktoren gehören u.a. ein geringer Selbstwert, negative Gedankenspiralen („ich bin nichts wert“) und eine niedrige Stresstoleranz. Unter sozialen Risikofaktoren werden u.a. geringe soziale Unterstützung, bestimmte Jugendkulturen, ein angespanntes Familienklima, negative Erfahrung wie z.B. Mobbing oder das Beobachten von Selbstverletzung im Freundeskreis oder den Medien verstanden. (In-Albon 2020; Kraus & In-Albon 2020).

Diagnostik und Behandlung

Eine ausreichende Diagnostik sowie die Inanspruchnahme einer Behandlung seitens der Betroffenen mit NSSV ist laut Studien gering. Als Gründe hierfür werden u.a. eine geringe Motivation zur Behandlung sowie ein geringer Leidensdruck genannt. Das NSSV wird als „hilfreicher Problemlöser“ gesehen, der bestehen bleiben soll. (In-Albon 2015) Psychotherapie gilt als beste Wahl für die Behandlung von NSSV. Neben der Psychoedukation stellt u.a. die Etablierung alternativer Verhaltensweisen zur Affektregulation, die Erhöhung der Stresstoleranz, eine verbesserte Kommunikation sowie der Aufbau funktionaler Gedankenmuster eine große Rolle. (Edinger 2020).

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